Vom seriellen Bauen zum Plattenbau

Den Typenbau auf die Spitze trieben später die sogenannten "Plattenbauten", wo ganze – oft immer gleiche und meistens aus Beton vorfabrizierte – Fassaden- und Wandmodule zu Hochhäusern und riesigen Wohnblöcken montiert wurden. Ein Verfahren, das frühzeitige Planung und eine extreme Normierung voraussetzt, da bestimmte Aussparungen schon vorher festgelegt sein müssen. Dazu zählen nicht nur Fenster- und Türöffnungen, sondern auch Details wie der Verlauf von Elektroleitungen, Wasser- und Heizungsrohren oder die Position einzelner Steckdosen. Diese fertig zur Baustelle gelieferten Wand- und Deckenplatten werden dann in der Regel in vorher aufgebaute Stahl- oder Betonkonstruktionen eingehängt oder anderweitig untereinander verbunden. Ein Vorteil dieses Prinzips war und ist die sehr schnelle und günstige Bauweise. Als häufig beklagte Nachteile hingegen gelten vor allem die eher schlechte Kälteisolierung, Hellhörigkeit und vor allem monotone, wenig individuelle Fassaden. Die ersten deutschen Häuser in Komponentenbauweise entstanden im Zuge des Neuen Bauens etwa in Frankfurt unter Stadtbaurat Ernst May oder in Dessau-Törten unter Walter Gropius. Auch der spätere Berliner Stadtbaurat Martin Wagner experimentierte bereits 1926 beim Bau der sogenannten "Kriegerheimsiedlung" in Berlin-Friedrichsfelde (heute Splanemann-Siedlung) mit der neuen Bauweise. Massenhaft durchgesetzt hat sich der konsequente "Plattenbau" dann aber erst ab den 1950er- bis 1970er-Jahren. Zu den damals in Berlin errichteten Großsiedlungen zählen etwa das Märkische Viertel, das Hansaviertel und die Gropiusstadt (alle im ehemaligen West-Berlin) sowie die Neubau-Quartiere in Marzahn-Hellersdorf oder die Ernst-Thälmann-Siedlung (beide im ehemaligen Ost-Berlin). Die meisten Plattenbauten finden sich jedoch in den mittleren bis größeren Städten der ehemaligen DDR, wo der Plattenbau ab 1972 per staatlicher Verordnung zu dem wichtigsten Instrument des Städtebaus erklärt wurde. Viele Plattenbau-Siedlungen in Europa gelten heute leider als soziale Brennpunkte, haben aber auch entschiedene Fans.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Plattenbau


Aufgaben zum Thema

  • Aufgabe 1: Recherchiert und diskutiert, wie man versucht hat, in den Berliner Welterbe-Siedlungen der Eintönigkeit vorzubeugen. Wo liegen die wesentlichen Unterschiede zu den später entstandenen Bauten in Platten- und Modulbauweise?
  • Aufgabe 2: Recherchiert typische Siedlungen in Plattenbauweise. Geht hin und versucht, von außen die einzelnen Wandmodule als Zeichnung zu erfassen. Wenn möglich, überlegt auch gleich, welche Art Raum sich hinter einzelnen Fenstern verbergen könnte?
  • Aufgabe 3: Was verbirgt sich hinter dem Begriff "WBS-70"? Recherchiert die Bedeutung und verfasst einen kleinen Bericht. Dies kann zum Beispiel in Form einer Werbe-Broschüre geschehen.
  • Aufgabe 4: Immer wieder werden auch in den Medien die Vor- und Nachteile des Plattenbaus diskutiert. Führt Interviews mit Bewohner/innen und fragt sie nach ihren Erfahrungen?
Normiertes Küchenfenster der GEHAG nach Entwürfen von Bruno Taut und Franz Hillinger, Foto: BB
Plattenbauten in der Ernst-Thälmann-Siedlung im Prenzlauer Berg, Foto: BB
Typische Fassade aus vorgefertigten Plattenbau-Modulen, Foto: BB