Die sechs Welterbe-Siedlungen
Berlins wichtigster Beitrag zur Architekturgeschichte
Gartenstadt Falkenberg: die Bodenständige
Die 1913–16 angelegte Gartenstadt Falkenberg ist die älteste der seit 2008 gemeinsam als UNESCO-Welterbe geführten sechs "Siedlungen der Berliner Moderne". Das erste was dem Besucher auffällt, ist die kräftige, variantenreiche und an einigen Häuser fast expressionistisch wirkende Farbgebung, welche Falkenberg im Volksmund schnell den Beinamen "Tuschkastensiedlung" bescherte. Die Siedlung entstand nach Prinzipien der Gartenstadt-Bewegung, die ganzheitlich durchdachte soziale und politische Konzepte erprobte.
Siedlung am Schillerpark: die Soziale
Bei der 1924–30 errichteten Siedlung am Schillerpark in Berlin-Wedding spielt das Soziale eine große Rolle. Aus den Wohnungen schauen die Bewohner auf gemeinsam nutzbare grüne Innenhöfe und nebenan befindet sich einer der ersten "Volksparke". Kinder lieben dort die "Plansche", ein flaches Wasserbecken, das im Sommer für Abkühlung sorgt. Die Siedlung gilt als Berlins erste Wohnanlage im Stil des "Neuen Bauens". Bei späteren Erweiterungen wurde auch an Blumenfreunde, Ältere sowie Menschen mit körperlichen Einschränkungen gedacht.
Hufeisensiedlung: die Schaustelle
Die von 1925–30 entstandene Siedlung in Neukölln-Britz ist die größte und sicher auch berühmteste der sechs Berliner Welterbe-Siedlungen. Schon zur Bauzeit wurde die 350 Meter lange, in Form eines riesigen Hufeisens gebogene Zeile zum Wahrzeichen eines sozialen und gesunden Wohnungsbaus. 1925 starteten die Bauarbeiten. Knapp 2.000 Wohnungen sollten entstehen. Die Ambitionen waren groß, der Entwurf war es auch. Er markiert den Übergang zwischen den beiden großen Leitbildern des Städtebaus und überzeugt und verblüfft bis heute.
Wohnstadt Carl Legien: die Urbane
Zwischen 1928–30 entstand unweit vom Alexanderplatz die Wohnstadt Carl Legien. Die zentrale Lage am nordöstlichen S-Bahn-Ring und die angespannte Wirtschaftslage zwangen zum Sparen. Der leitende Architekt Bruno Taut verzichtete auf Mietergärten, konzentrierte sich auf kleinere Grundrisse, und baute noch ein bis zwei Geschosse höher. Obwohl die Bewohnerdichte in der nach einem Gewerkschafter benannten Siedlung den benachbarten stickigen Mietskasernen entsprach, wirkt hier alles überraschend hell, modern und großzügig.
Weiße Stadt Reinickendorf: die Puristische
Die 1929–31 erbaute Weiße Stadt entspricht mit ihrer kantig gegliederten Architektur am stärksten den Prinzipien des Neuen Bauens, die oft nicht ganz korrekt auch als "Bauhaus-Stil" bezeichnet werden. Die beiden Wahrzeichen der Anlage entfalten ihre Wirkung auch aus Perspektive des aufkommenden Autoverkehrs. Anders als die stark farbigen Fassaden Bruno Tauts erstrahlt die von drei Architekten entworfene Anlage auf den ersten Blick fast komplett in leuchtendem Weiß. Wer genauer hinschaut, entdeckt aber auch hier viele farbige Details.
Ringsiedlung Siemensstadt: das Puzzle
Bei der von 1929–34 erbauten Großsiedlung Siemensstadt waren gleich mehrere bedeutende Architekten des Neuen Bauens beteiligt. Sie alle waren Mitglied der Architektenvereinigung "Der Ring", was auch zu dem Beinamen "Ringsiedlung" führte. Dem Gesamtplan Hans Scharouns entsprechend, planten sie alle den gleichen, zukunftsweisenden Gebäudetypus, nämlich die durch breite Grünstreifen separierte Großzeile. Dennoch ist deutlich erkennbar, dass jeder Planer seine eigene stilistische Handschrift hat.