Küchen-Design als Spiegel der Gesellschaft

Eine wesentliche, sich aus den Mindeststandards des Reformwohnungsbaus ergebende Forderung war, dass jede mit Mitteln der Hauszinssteuer geförderte Wohnung über eine eigene Küche verfügen musste. Das Thema Küchen-Gestaltung ist untrennbar verbunden mit der Frage, welche Wertschätzung der Hausarbeit beigemessen wird und wie und von wem diese typischerweise verrichtet werden soll. Es eignet sich damit hervorragend, um einen Einblick in gesellschaftliche Standards einer Zeit zu gewinnen und um über den Einfluss des Designs auf die Gesellschaft zu diskutieren.
Nicht zu allen Welterbe-Siedlungen sind Details der ursprünglichen Küchenausstattungen hinreichend erforscht. Fest installiert war öfters jedoch nur ein Ausgussbecken und eine sogenannte Kochmaschine, ein früher Vorläufer des Backofens. Oben befanden sich meistens zwei Kochplatten, unten eine Backvorrichtung sowie eine Warmhalte-Schublade. Statt frei stehender Schränke gehörten zu vielen Küchen fest installierte Einbauschränke, die zum Verstauen von Lebensmitteln und Küchenausrüstung dienen sollten. Kühlschränke waren damals noch nicht üblich. Stattdessen war oft ein halbhoher Schiebetüren-Schrank unterhalb eines extra großen Küchenfensterbretts eingebaut. Er diente zum Lagern leicht verderblicher Lebensmittel. Das funktionierte, da die Temperatur an den Außenwänden meist etwas kühler war als die sonstige Raumtemperatur und in die Wände oft kleine Lüftungsgitter eingelassen waren. Manchmal sind diese Schränke auch Teil der balkonartigen Loggien und ihrer an die Küche grenzenden Seitenwände. Viele Küchen der Welterbe-Siedlungen wurden – nach gegenwärtigem Wissensstand – unmöbliert vermietet. Dennoch existierten zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits einige Entwürfe. Unter Architekten und Planern der 1920er-Jahre wurden insbesondere drei Entwürfe diskutiert, die später auch als Vorlage für die Küchen der Nachkriegszeit dienten ...


Beispiele zum Thema

  • Entwurf 1: Die Küche im Haus am Horn, einem Demonstrationsobjekt des Bauhauses in Weimar
  • Entwurf 2: Die Frankfurter Küche der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky
  • Entwurf 3: die GEHAG-Küche entworfen für die Waldsiedlung "Onkel Toms Hütte" in Berlin-Zehlendorf

Aufgaben zum Thema

  • Aufgabe 1: Diskutiert die einzelnen Modelle untereinander. Das kann zum Beispiel als Rollenspiel oder Streitgespräch geschehen.
  • Aufgabe 2: Fertigt einen Grundriss eurer Küche zu Hause an. Zeichnet dann mit verschiedenen Farben ein, von wo nach wo man sich bei bestimmten Arbeiten bewegt.
  • Aufgabe 3: Stellt euch vor, ihr arbeitet als Innenarchitekt/in oder Küchenplaner/in. Entwerft eine eigene Kücheneinrichtung und präsentiert sie, indem ihr Vorteile heraushebt und sie vielleicht auch mit einzelnen der hier genannten Küchentypen vergleicht.
Verschiedene Küchen-Designs, Quellen: Wikimedia / GEHAG-Archiv, gemeinfrei
Modell der GEHAG-Küche, installiert in der Infostation Hufeisensiedlung, Foto: KL