"Form follows function" am Beispiel der Küchenfenster

Wie schmucklos oder dekorativ ein Designobjekt sein soll, ist letzten Endes eine Geschmacksfrage. Professionelle Designer/innen legen aber zumeist zunächst einmal viel Wert auf eine möglichst hohe Funktionalität ihrer Entwürfe. Oft lassen sich Funktion und Emotion aber auch verbinden. Ein gutes Beispiel für eine gut funktionierende und gleichzeitig sehr individuelle Gestaltung sind die Küchenfenster, die die Wohnungsbaugesellschaft GEHAG ab 1927 überwiegend verbaute: Sie sind als Holz-Kastendoppelfenster ausgeführt und bestehen aus vier Teilbereichen, die optisch interessant horizontal versetzt sind. Drei der vier Fenstersegmente haben vertikale Scharniere und lassen sich wie Türen nach innen hin öffnen. Hier spricht man von "Flügelfenstern". Ein viertes kleineres, oben gelegenes Fenstersegment ist als Kippfenster ausgeführt, damit die Kochgerüche und Dämpfe leicht abziehen können. Bedient wurde es über eine speziell entwickelte Hebelmechanik. Aber auch die Zweiteilung auf der anderen Seite des Fensters ist kein reines Zierelement. Sie macht funktional Sinn, weil sich hinter diesen Küchenfenstern immer ein deutlich größeres Fensterbrett verbirgt, was von Bewohnerinnen und Bewohnern fast immer auch als Stell- und Arbeitsfläche benutzt wird. Wer also richtig lüften will, dabei aber nicht alle Töpfe, Schüsseln und sonstigen Gegenstände auf dem Fensterbrett wegräumen möchte, öffnet einfach den oberen statt den unteren Flügel.


Aufgaben zum Thema

  • Aufgabe 1: Recherchiert wer die die Redewendung "form follows function" um 1900 herum populär machte.
  • Aufgabe 2: Es gibt viele Leitlinien, deren man sich als professioneller Gestalter bedienen kann. Hiervon dürfte "form follows function" jedoch eine der populärsten sein. Wie passt es dazu, wenn Leute im Möbel-Geschäft von einem "Designer-Stuhl" sprechen?
  • Aufgabe 3: Geht in einen der nach 1927 entstandenen Bauabschnitte der Hufeisensiedlung oder besucht die etwas später entstandene Wohnstadt Carl Legien. Notiert, wo ihr ähnlich viergeteilte Fenster seht und wie diese von außen farblich gestaltet sind. Was fällt euch auf, wenn diese Teil der Loggien sind?
  • Aufgabe 4: Überlegt, ob es bei euch zu Hause Möbel gibt, von denen ihr denkt, dass sie nicht besonders gut funktionieren. Macht eine möglichst maßstabsgerechte Zeichnung, aus der hervorgeht, wie man die Funktion konstruktiv verbessern könnte.
Das ab 1927 für Bruno Taut typische, viergeteilte Küchenfenster, Quelle www.tautes-heim.de, Foto: BB