Genial: Der natürliche Kühlschrank

An der einen Seitenwand der Loggien findet sich in vielen Siedlungen des Architekten Bruno Taut unscheinbare Türen. Direkt daneben findet sich dann das charakteristische, ab 1927 fast überall verbaute GEHAG-Küchenfenster mit zwei gegeneinander versetzten Horizontalstreben plus einem kleinen, in die verputzte Wand eingelassenem Lochblech. Hintergrund ist, dass sowohl die Wandschränke innerhalb der Loggien, als auch die häufig in einer, zur Außenwand gelegenen Küchenecke vorgesehenen Einbauschränke oft zur Lagerung von leicht verderblichen Lebensmitteln benutzt wurden. Das Lochblech dient hierbei als Lüftungsöffnung und sorgt gleichzeitig für etwas kühlere Temperatur.

Der Sinn dieser Konstruktion erschließt sich, wenn man weiß, dass elektrische Kühlschränke erst in den 1950er-Jahren üblich wurden und dieser natürlich temperierte Schrank je nach Jahreszeit auch sehr gut zur Lagerung leicht verderblicher Lebensmittel wie etwa Eiern, Milch oder Käse geeignet ist.

Eine zweite Alternative für die Lagerung von Lebensmitteln befand sich jeweils unter dem charakteristisch vierteiligen Küchenfenster mit seinem tiefen, auch als Arbeitsfläche dienenden, Fensterbrett. Hier integrierte man einen halbhohen Schiebetürenschrank, an dessen Rückwand sich ebenfalls ein kleines (auch im Bild zu sehendes) Lüftungsgitter befand. Das kleine Fenstermodul in der oberen Ecke ist über einen spezielle Griffkonstruktion im Inneren um etwa 40 Grad kippbar und dient für moderates Lüften beim Kochen. Das auf Brust- bis Schulterhöhe zu öffnende Fenster daneben erlaubt kräftiges Stoß- und Querlüften – und zwar auch ohne dafür extra die dahinter liegende Fensterbank frei zu räumen.

Für die Wohnstadt Carl Legien wurde eine L-förmig erweiterte, nicht quadratische Sonderform des Fensters entwickelt, bei der anstelle des einen sonst bauchhoch zu öffnenden Fensterflügels eine bodentiefe Tür integriert ist, die den Austritt auf die Loggia erlaubt.

Typische Aufteilung der GEHAG-Küchenfenster ab ca. 1927, Foto: BB
Stauraum auf Loggia und Sonderform des typischen Fenster mit integrierter Türe, Foto: BB