Neues Bauen

Hierbei handelt es sich um einen Stil, dessen Anhänger das "Neue" wollten, weil sie das etablierte "Alte" ablehnten und ablösen wollen. Das "Alte" waren vor allem Gebäude und Fassaden im Stil des Historismus, deren Gestaltung mehr Wert auf Repräsentation statt auf Funktion legte. Ähnlich wie bei der Anwendung des Begriffs Moderne ging es den Vertretern des "Neuen Bauens" darum, auf rein dekorative Elemente zu verzichten, um stattdessen zu einer neuen, auf die Funktion und das Wesentliche reduzierten und möglichst transparenten Formensprache zu finden. Der übermäßige Dekor vergangener Epochen wurde auch deshalb abgelehnt, weil er sich aus dem Prunk und Repräsentationsbedürfnis der Monarchie und des Adels ableitete, den die einfachen Leute mit ihren bescheidenen Mitteln nachahmen wollten. Das wurde als nicht mehr zeitgemäß, unehrlich und nicht erstrebenswert angesehen. Der politische Zeitgeist sah vor, das Klassensystem zu hinterfragen und stattdessen die Demokratie und die Arbeiterbewegung zu stärken. Ideale zu denen eine Orientierung am großbürgerlichen und adligen Pomp schlicht nicht passte. Stattdessen sollten klar gegliederte, Bauten entstehen, die möglichst licht und transparent wirken und so auch formal ins das von Aufklärung, Industrialisierung und Fortschritt geprägte Zeitalter passten.

Erkennungsmerkmale des Neuen Bauens sind

  • glatt verputzte stucklose Fassaden,
  • eine klare Gliederung des Gebäudes in meist rechteckige Formen,
  • großzügige, in die Fassade eingelassene Fenster sowie
  • freitragend und leicht wirkende Konstruktionen.

Passend dazu verzichtete man möglichst auf das althergebrachte, aufwändig mit Ziegeln eingedeckte dreieckige Giebeldach. Als bevorzugte Dachform galten stattdessen Flach- und Pultdächer, die meist einfach mit Teerpappe gedeckt waren, einem wasserundurchlässigen Material, das auf den flachen Holz- oder Betondecken ausgerollt und durch Erhitzung der Teerbestandteile verklebt wurde. Bei vielen der späteren Anlagen des Neuen Bauens wurde außerdem mit den damals neuen und innovativen Materialien Stahl und Glas experimentiert. Hier hatte man bereits im Bereich der Industriebauten gute Erfahrungen gemacht. Diese Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien wurden im Zuge des Neuen Bauens teilweise auch auf den zunächst meist zwei- bis dreigeschossigen Wohnungsbau übertragen. Dies erlaubte im Vergleich zu der bisher üblichen Ziegelbauweise zum Teil freiere und statisch viel gewagtere Formen. Typisch für den Stil des Neuen Bauens ist außerdem eine großzügige Verglasung, besonders wenn zum Haus auch ein Garten gehört. Der Blick aus dem Fenster weitet sich, weil Fenster immer nahtlos bis in die Ecke oder bis unter die Decke geführt wurden. Innen- und Außenraum rückten so optisch näher zusammen.

Als typische Beispiele des Neuen Bauens gelten etwa die Schulgebäude und die sogenannten "Meisterhäuser", die Walter Gropius für das Staatliche Bauhaus in Dessau entwarf. Eine besondere Rolle spielten die Werkbund-Siedlungen, die zu Demonstrationszwecken im In- und im näheren Ausland errichtet wurden.