Küchen-Entwürfe > GEHAG-Küche

Zwar wurden für die Berliner Welterbe-Siedlungen keine eigenen Küchenentwürfe angefertigt. Aber der bei vier der sechs Welterbe-Siedlungen maßgebliche Architekt Bruno Taut, entwickelte (gemeinsam mit der GEHAG-Entwurfsabteilung unter Franz Hillinger) 1926 eine spezielle Musterküche. Sie war für die Zehlendorfer Waldsiedlung Onkel Toms Hütte bestimmt, kann aber als idealtypische Küche für einen Großteil der Welterbe-Siedlungen gelten. Die von Taut und Hillinger entwickelte "GEHAG-Küche" ist eine Art Kombination aus Wohn- und Arbeitsküche. Sie verfügt neben einer Küchenzeile und einem großen Mehrzweckschrank über einen kleinen Klapptisch mit Sitzgelegenheit. Hier konnte die Familie sitzen und kleinere Arbeiten, wie etwa Kartoffelschälen übernehmen. Ein Gestaltungskonzept, das zumindest teilweise eine Auflockerung der damals typischen Rollenverteilung erlaubte. Auch sonst beschäftigte sich Taut sehr bewusst mit der Rolle der Frau im Haushalt. Er tat dies aber wahrscheinlich auch ein wenig aus Eigeninteresse: Denn wie fast alle Architekten wünschte er sich, dass die von ihm entworfenen Häuser und Wohnungen später auch stilistisch passend modern eingerichtet sein sollten. Da er annahm, dass in Sachen Inneneinrichtung meistens die Frauen alle wichtigen Entscheidungen treffen, wandte er sich direkt an sie statt – wie oft üblich – an ein primär männliches Publikum: In seinem damals wegweisenden, 1924 erschienenen Buch "Die Neue Wohnung" wollte er die Frau(en) überzeugen, ihr Wohnumfeld möglichst modern und rational einzurichten, da dies ja auch zeit- und arbeitssparend sei. "Der Architekt denkt, die Frau lenkt", lautet ein in dem Zusammenhang oft erwähntes Zitat des Einleitungskapitels. Das klingt für uns heute nur begrenzt emanzipiert, war damals aber schon ein ungewöhnlicher Schritt.

Ein Exemplar der Berliner GEHAG-Küche ist heute in der Hufeisensiedlung installiert. Ein Original aus der Zehlendorfer Siedlung befindet sich in der "Infostation Hufeisensiedlung", einer jeweils Fr/Sa/So nachmittag geöffneten Kombination aus Café und Ausstellung, und ist dort zu besichtigen. In enger Anlehnung an die GEHAG Küche wurde auch die im Rahmen der Vermietung voll nutzbare Küche des Projekts Tautes Heim geplant.

Transloziertes Original GEHAG Küche, als Teil der Ausstellung in der Infostation Hufeisensiedlung, Foto: KL
Re-Interpretaion der GEHAG Küche, als Teil der Ausstattung des mietbaren Museums Tautes Heim, Quelle: www.tautes-heim.de