Deutscher Werkbund > Organisation

Der Deutsche Werkbund wurde 1907 gegründet. Er wandte sich gegen den zu Begin des 20. Jahrhunderts erstarkenden Historismus, der versuchte, alte und gesellschaftliche überkommene Gestaltung und Institutionen durchzusetzen. Die Gründung war somit ein Aufruf zur künstlerischen, sittlichen und sozialen Erneuerung. Das Ziel der Gründungsmitglieder war es, für qualitativ hochwertige Gestaltung zu werben und diese unter den Bedingungen einer industriellen und modernen Gesellschaft neu zu denken. Hierzu galt es, die Belange von Kunst, Industrie und Handwerk gemeinsam zu berücksichtigen. Man strebte an bei Politik und Bevölkerung eine entsprechende Wertschätzung von Fragen der Gestaltung zu erreichen und wirtschaftlich, politisch und medial auf die Herausbildung günstiger Rahmen- und Produktionsbedingungen der Neuen Form hinzuarbeiten.

Der Deutsche Werkbund bündelte damit mehrere im Zuge der Industrialisierung entstandene Reformbewegungen. Er darf als Prototyp einer erfolgreichen Lobby-Organisation gelten, die sogar außerhalb Deutschlands aktiv wurde. Rasch gründeten sich auch im Ausland entsprechende Vereinigungen, wie etwa der Tschechische, der Östereichische und der Schweizer Werkbund. Parallel wurde mehrere Werkbund-Siedlungen errichtet, die beispielgebend sein sollten. . Die bekannteste und wohl einflußreichste dieser Siedlungen ist Stuttgart-Weißenhof. Ein Höhepunkt der frühen Werkbund-Geschichte war die große Werkbund-Ausstellung von 1914 in Köln (s. Plakat links), bei der insbesondere die Schaubauten von Walter Gropius und Bruno Taut international Aufsehen erregten. Schon kurz nach seiner Gründung versammelte der Deutsche Werkbund fast alle maßgeblichen Architekten und Gestalter (z.B. Peter Behrens, Henry van de Velde oder El Lissitzky) sowie prominente Vertreter aus Industrie, Medien und Politik. Unter anderem plädierte der Werkbund für einen weitgehenden Verzicht auf funktionslose und rein schmückende Formen. Damit bereitete er den Weg für den Stil der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Bauens. Er legte außerdem die Basis für eine reformierte Ausbildung, wie sie ab 1919 etwa am Staatlichen Bauhaus praktiziert wurde. Der Werkbund darf somit als eine wesentliche Vorstufe der Bauhaus-Bewegung sowie auch als zentraler Impulsgeber der Moderne in Zentraleuropa gelten.

1933 erfolgte die ideologische Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten. Nachdem viele progressive und jüdisch-stämmige Mitglieder ins Exil gingen oder auch unter Protest austraten, kam es in den Folgejahren zur Auflösung. Die Neugründung erfolgte 1947 nach dem föderalistischen Prinzip mit einzelnen Landeswerkbünden und prominenter Unterstützung aus der Politik. Der Werbund und seine Landesverbände verstehen sich auch heute wieder als Teil des gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Diskurses.

Plakate zu den Werkbund-Ausstellungen 1914 und 1929