Wohnungsnot
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte in Berlin extreme Wohnungsnot. Sie war durch die Folgen des Ersten Weltkriegs, die allgemeine Mangelwirtschaft und den ungebrochenen Zuzug vom Land in die Stadt entstanden. Speziell in den Arbeiterquartieren waren die Verhältnisse oft katastrophal. Erst mit fünf Personen galt ein einzelnes Zimmer als überbelegt. Größere Wohnungen wurden oft von mehreren Familien geteilt. Auch Keller und Dachböden wurden als Wohnraum genutzt und vermietet. Heimarbeit, bei der Kinder oder betagte Großeltern mithalfen, genug Geld für Miete und Essen zusammenzubringen, war keine Seltenheit. Die meisten Menschen wohnten damals in den sogenannten Mietskasernen, der typischen Bebauung der Arbeiterbezirke. Sie wurden durch den rasch erfolgenden Anbau von hintereinander gereihten Seitenflügeln, engen Höfen und Quergebäuden immer weiter verdichtet. Auch die damals typische hygienische Ausstattung in diesen meist von einfachen Arbeitern bezogenen Wohnungen ist aus heutiger Sicht nur schwer vorstellbar – und sie begünstigte die Entstehung und weitere Ausbreitung typischer Krankheiten: Um 1920 hatten neun von zehn Wohnungen kein eigenes Bad, die Toiletten befanden sich vielfach auf dem Hof oder im Treppenhaus und wurden von mehreren Familien, Mietparteien und Bewohnern gemeinsam benutzt. Geheizt wurde in der Regel mit Kohleöfen. Eine Zentralheizung war in diesen einfachen Quartieren die große Ausnahme. Für die besonders Armen hatten sich auch spezielle Wohnformen etabliert, etwa das Phänomen der Schlafgänger oder des Trockenwohnens.